Kosmos Verlag/Kay Elzner
Sternbild des Monats

Der Schütze

Figürliche Darstellung des Schützen
(Bild: Kosmos Verlag/Kay Elzner)

In den meisten Darstellungen des Schützen sieht man ein vierbeiniges Mischwesen aus Pferd und Mensch. Doch war das schon immer so? Dass der Ursprung des Sternbilds deutlich weiter zurückreicht als nur bis zur griechischen Antike, zeigt Susanne M. Hoffmann in ihrem Buch „Wie der Löwe an den Himmel kam“:

 

Über den Satyr Krotos erzählt Eratosthenes, dass er den Musen bei ihrem Spiel zugeschaut und dann voll Verzückung begeistert in die Hände geklatscht habe. Andere taten es ihm gleich und so wurde der Applaus nach einer musischen Darbietung erfunden. Für dieses nonverbale Zeichen der Anerkennung sei er an den Himmel versetzt worden.

Das ist zwar eine wunderschöne Sternsage, erklärt aber nicht, warum dieses Mischwesen Pfeil und Bogen hält. Die Geschichte demonstriert ein weiteres Mal die Ratlosigkeit der Griechen gegenüber den Bildern aus einer fremden – der babylonischen – Kultur.

Als Tierkreisbild kam diese Figur aus Mesopotamien in die griechische Kultur. Seit MUL.APIN wird sie Pabilsang genannt. Das ist eine Gottheit, die als Mischwesen dargestellt wird: Ein männlicher Oberkörper sitzt auf einem Pferdeleib mit Skorpionsschwanz und Flügeln. Pabilsang wird mit Ninurta, einem Gott für Landwirtschaft und Krieg, gleichgesetzt. Das erklärt, weshalb er Pfeil und Bogen hält: entweder zur Jagd oder zur Verteidigung.

Ein solches Mischwesen war den Griechen unbekannt. Die ähnlichste Kreatur in der griechischen Kultur und Mythologie ist der Kentaur, der zumindest Pferd und Mensch verbindet – wenngleich auch nicht Skorpionsschwanz und Flügel besitzt. Eratosthenes stellt jedoch in Frage, dass es sich hier um einen Kentauren handelt: Ihm lagen angeblich Abbildungen vor, auf denen der Schütze nur zwei Beine hat­– Pferdebeine. Aus diesem Grund und da Kentauren nicht mit Pfeil und Bogen umgehen können, bevorzugt Eratosthenes die Meinung, dass es sich um den Satyr Krotos handele, den Sohn der Amme der Musen. Er gilt als Kulturstifter, indem er Pfeil und Bogen erfand und damit Tiere jagte.

Auch Eratosthenes‘ Meinung, der Schütze habe ein Schiff bei sich, spricht für einen babylonischen Einfluss und eine versehentliche Gleichsetzung der zweibeinigen und vierbeinigen Figur. Das babylonische Sternbild Schiff bezeichnet der Vokabel nach ein Flussboot und muss in der Nähe des Schützen gelegen haben. Aufgrund der Darstellungen babylonischer Flussboote wird meist das Sternbild Corona Australis mit dem babylonischen Schiff gleichgesetzt. Kentauren fahren aber nicht auf Schiffen, weshalb das Schiff laut Eratosthenes ein weiteres Argument gegen den Kentauren ist.

Die Behauptung des Eratosthenes, der Schütze sei zweibeinig, mag zunächst überraschen, denn heute wird er in allen gängigen Sternkarten als vierbeiniger Kentaur dargestellt. Im Almagest sind drei Fußsterne erwähnt sowie ein Pferdeleib und ein menschlicher Oberkörper, woraus man schließen kann, dass auch Ptolemaios den Schützen als Kentauren dachte. Wie kommt also Eratosthenes darauf, dass es sich um einen pferdebeinigen Mann handeln könnte? Auf dem Tierkreis von Dendera, einer Darstellung in einem ägyptischen Tempel, der in der Ptolemäerzeit im ersten Jahrhundert v. Chr. restauriert wurde – also nur ca. 100 bis 150 Jahre nach Eratosthenes –, gibt es zwei Schützen: Einen zweibeinigen und einen vierbeinigen. Der vierbeinige ist an der Stelle des Himmels, an der das Sternbild Sagittarius steht. Der zweibeinige Schütze steht neben dem Stern Sirius. Das ist insofern bezeichnend, als dass Sirius und die Sterne in seiner Umgebung die zwei babylonischen Sternbilder Pfeil und Bogen formierten. Die starken babylonischen Einflüsse überraschen hier nicht, denn vor allem im zweiten Jahrhundert v. Chr. ist ein starker Transfer von der babylonischen mathematischen Astronomie zur griechischen in Ägypten belegt.

Auf den Spuren der Sternbilder

Reich illustriert und fachlich fundiert: Der umfassende Atlas zur Geschichte aller Sternbilder.

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